"'DISZIPLIN' - DIE MACHT ÜBER DIE KÖRPER UND DIE GENESE DES INDIVIDUUMS"; aus
M. Foucault:
INTRO - DER ZUGANG
Eine allererste Annäherung zeigt, daß Foucaults Interesse dem von ihm so genannten "klassischen
Zeitalter" vom 17. bis zum 19.Jahrhundert galt, in dem die heutigen Humanwissenschaften, unter
den anderen eben auch die Pädagogik, entstanden sind. Er versuchte vermittels einer historischen
Analyse, "die von dem anthropologischen Thema befreit ist" und die gerade in dieser Schrift in
zentralen Punkten an gedankliche Figuren Nietzsches anknüpft, die Entstehung dieser Wissenschaften
nachzuzeichnen, um ihre möglicherweise verschütteten Erbschaften , die sie unter ihrer Oberfläche
in sich tragen, ans Licht zu ziehen. Das ließ seine Perspektive auf die Nachtseite der großen
Proklamationen des Menschlichen zielen, auf das, was sich unterhalb der hehren Verkündigungen der
Aufklärung als "wirkliche Historie" (ein Terminus Nietzsches) abgespielt hat.
"Grau ist die Genealogie; ängstlich und geduldig ist sie mit Dokumenten beschäftigt, mit
verwischten, zerkratzten, mehrmals überschriebenen Pergamenten."
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Foucault betreibt also Genealogie. Und für dieses Unterfangen spielt eben der Körper, um endlich
auf ihn zu kommen, eine herausragende Rolle:
"Der Leib - und alles, was den Leib berührt - ist der Ort der Herkunft: am
Leib findet man das Stigma der vergangenen Ereignisse, aus ihm erwachsen auch die Begierden, die
Ohnmachten und die Irrtümer; am Leib finden die Ereignisse ihre Einheit und ihren Ausdruck, in
ihm entzweien sie sich aber auch und tragen ihre unaufhörlichen Konflikte aus [ ... ] Als Analyse
der Herkunft steht die Genealogie [ ... ] dort, wo sich Leib und Geschichte verschränken."
An genau dieser Verschränkung setzt die vorgenommene Analyse wirksamer Außenprozesse von
ökonomischer, militärischer und juristischer Art an, die, wie gezeigt wird, ihr zunächst
virtuelles Zentrum, das Individuum, einkreisend überhaupt erst konstituieren.
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